Welche Diagnostik ist sinnvoll bei idiopathischen Skoliosen

Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung ist die Basis der Diagnostik. Wichtig ist die genaue Inspektion des gesamten Rumpfes und des Rückens im entspannten Stand. Da das Ausmaß einer Skoliose abhängig davon ist, ob die Last des Rumpfes auf der Wirbelsäule lastet oder nicht, macht es einen großen Unterschied, ob ein Patient im Stand oder im Sitzen oder im Liegen untersucht wird. Eine Untersuchung im Liegen verschleiert häufig das echte Ausmaß einer Skoliose. Wenn möglich sollte immer im Stand untersucht werden. Folgende Punkte sollten bewertet werden:

  • Beckenstand, Schulterstand, Taillendreiecke, Rumpfüberhang, Rippenbuckel, Lendenwulst, Rippen-/Brustkorb-Asymmetrien

Bei Skoliosen finden sich in der Ansicht des Rückens von hinten häufig ein Beckenschiefstand, ein Schulterschiefstand, ein asymmetrisches Taillendreieck, eine Abweichung des Lotes von der unteren Halswirbelsäule in Bezug auf die Mitte des Beckens und ein prominenter Rippenbuckel sowie ein Lendenwulst. Im sog. Vorneigetest (max. Rumpfneigung nach vorne bei gestreckten Beinen im Stand) sind Rippenbuckel und Lendenwulst am deutlichsten sichtbar.

Auch eine neuro-orthopädische Untersuchung und eine Überprüfung der Hüftgelenke und Kreuzdarmbeingelenke gehören zur klinischen Untersuchung.

Röntgen

Idiopathische Skoliose - Röntgendiagnostik

Röntgenbilder im Stand sind die Basis der radiologischen Bildgebung bei Skoliose-Patienten. Sie sollten aus den o.g. Gründen wenn möglich immer im Stehen durchgeführt werden. In der Regel werden sog. Wirbelsäulen-Ganzaufnahmen durchgeführt, die vom obersten Halswirbel bis zu den Hüftgelenken den Rumpf und die Wirbelsäule abbilden.

Das Ausmaß einer Skoliose wird nach dem Vermessungsprinzip des Cobb-Winkels bestimmt. Bei einer Skoliose-Vermessung ist zu berücksichtigen, daß im Normalzustand die Wirbelsäule von vorne betrachtet (Frontalebene) gerade verläuft, d.h. es liegt keine Krümmung vor. Bei minimalen Krümmungen in der Frontalebene von kleiner als 10° spricht man von einer skoliotischen Fehlhaltung und noch nicht von einer Skoliose. Ab 10° ist die Diagnose einer Skoliose gerechtfertigt. Wenn möglich werden alle vorhandenen Krümmungen der Wirbelsäule in der Frontalebene vermessen und bewertet. Skoliosen weisen in der Regel nicht nur Veränderungen in der Frontalebene auf sondern auch eine krankhafte Rotation der Wirbel (Querschnittansicht) und ein verändertes seitliches Profil.

Wenn eine Korsett-Therapie gemacht wird, können auch Röntgenbilder im Korsett sinnvoll sein, um die Korrekturfähigkeit der Skoliose durch das Korsett zu bewerten. Vor Skoliose-Operationen werden besondere Funktionsaufnahmen gemacht, um die Beweglichkeit (Flexibilität) der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte zu bewerten. Diese Aufnahmen nennt man Bending-Aufnahmen. Einige Kliniken führen auch sog. Traktionsaufnahmen (Aufnahmen unter Längs-Zug an der Wirbelsäule) durch, um die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu bewerten. Diese Informationen helfen, zu entscheiden, welche OP-Technik möglich ist und wie lang eine operative Instrumentationsstrecke sein sollte. Da Röntgenbilder mit einer Strahlenbelastung einhergehen, wird natürlich darauf geachtet, nur Bilder anzufertigen, die dringend notwendig sind und eine praktische Relevanz haben.

MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie, Kernspintomographie)

Ein MRT gehört nicht zur Routine-Diagnostik einer idiopathischen Skoliose. Mit dem MRT kann man optimal weichere Strukturen (Rückenmark, Nerven, Bandscheiben, Knochenmark, Muskeln, etc.) analysieren. Bei Verdacht auf Besonderheiten im Wirbelkanal kann ein MRT im Ausnahmefall sinnvoll sein. Bei erwachsenen adulten idiopathischen Skoliosen, bei den bereits Verschleißprozesse vermutet werden, ist ein MRT vor einer OP sinnvoll.

CT (Computertomographie)

Ein CT gehört nicht zur Routine-Diagnostik einer idiopathischen Skoliose von Kindern und Jugendlichen. Mit einem CT kann man am besten knöcherne Strukturen analysieren, z.B. ob eine knöcherne Brückenbildung zwischen benachbarten Wirbeln vorliegt. Dies kann ggf. eine OP erheblich erschweren und sollte vor einer OP bekannt sein. Gerade bei älteren erwachsenen Patienten kann ein CT deshalb vor einer OP sinnvoll sein.

Rasterstereographie

Diese Untersuchungstechnik ermöglicht es, ohne Einsatz von Röntgenstrahlen den Rücken eines Patienten mittels Licht zu vermessen und zu analysieren. V.a. für Verlaufsbeurteilungen eignet sich dies Verfahren gut. Die Rasterstereographie ist nicht so genau wie das Röntgen, ermöglicht aber im Verlauf beim Vergleich mit Voruntersuchungen durchaus die Aussage, ob eine Skoliose relevant schlechter geworden ist oder nicht. Die Rasterstereographie ersetzt Röntgenbilder nicht vollkommen, kann aber eine sehr sinnvolle Ergänzung darstellen. Da Kinder und Jugendliche mit Deformitäten über viele Jahre hinweg regelmäßig, häufig halbjährlich, kontrolliert werden, ist ein üblicher Algorithmus der, daß 1x/Jahr eine Röntgenuntersuchung durchgeführt wird und 1x/Jahr eine Rasterstereographie, jeweils um 6 Monate versetzt. So kann die Rasterstereographie zu einer deutlichen Reduktion der Röntgenuntersuchungen beitragen. Auch bei Erwachsenen kann die Rasterstereographie für Verlaufsbeurteilungen sinnvoll sein.