Welche Behandlungsoptionen gibt es bei einer idiopathischen Skoliose
Das Ziel der Behandlung ist nicht ein kurzfristiges Ziel. Das Ziel der Behandlung ist es, eine Wirbelsäule zu generieren, mit der der Patient langfristig ohne große Probleme leben kann. Bei Kindern und Jugendlichen geht es darum, am Ende des Wachstums eine Skoliose zu haben, mit der sie die nächsten Jahrzehnte möglichst gut zurecht kommen.
Der Verlauf einer idiopathischen Skoliose ist abhängig vom Patientenalter und dem Cobb-Winkel. Risikofaktoren für eine rasche Verschlechterung der Skoliose sind v.a. ein Cobb-Winkel von über 30° bei Erstdiagnose und ein langes noch verbleibendes Restwachstum. Ein Patient mit einem 35° Cobb-Winkel hat im Alter von 11 Jahren eine Wahrscheinlichkeit der relevanten Verschlechterung von 90%, im Alter von 14 Jahren von 70% und im Alter von 16 Jahren von 30%.
Die Therapie richtet sich nach dem Alter des Patienten, seinen klinischen Beschwerden und dem Ausmaß der Deformität.
Konservative Behandlung:
Noch im Wachstum befindliche Patienten, die keine oder nur sehr milde Beschwerden haben und eine nur sehr milde Skoliose (< 25° bei Krümmungen der Brustwirbelsäule, < 20° bei solchen der Lendenwirbelsäule) aufweisen, können ausreichend mit skoliosespezifischer Physiotherapie und rumpfstabilisierenden Übungen in Eigenregie behandelt werden. Sport ist erlaubt. Wichtig sind regelmäßige Kontroll-Untersuchungen, in der Regel halbjährlich, bis das Skelett vollständig ausgewachsen und ausgereift ist. Einen besonderen Stellenwert hat sich die sog. Schroth-Therapie erarbeitet, aber auch andere Physiotherapie-Techniken sind sinnvoll und bewährt.
Überschreitet die Deformität ein gewisses Maß (Brustwirbelsäule 25-50° Cobb-Winkel; Lendenwirbelsäule 20-40°) und befindet sich der Patient noch im Wachstum (d.h. die Wirbelsäule ist noch flexibel und weich genug), ist zusätzlich zu Physiotherapie und Eigenübungen eine regelmäßige Korsett-Therapie sinnvoll. Diese hat das Ziel, eine Verschlechterung der Skoliose zu vermeiden. Realistisch ist, daß bei den meisten Patienten nach Beendigung der Korsett-Therapie ein ähnlicher Cobb-Winkel vorhanden ist wie zu Beginn der Therapie. Röntgenkontrollen im Korsett während der oft mehrjährigen Therapie zeigen natürlich deutliche Besserungen im Vergleich zur Ausgangslage, nach Beendigung der Therapie nach Abschluß des Wachstums kann solch eine Korrektur aber in der Regel nicht gehalten werden. Eine erfolgreiche Therapie liegt dann vor, wenn es nicht zu einer Verschlechterung gekommen ist. Eine Korsett-Therapie ist besonders effektiv, wenn sie tagsüber und nachts durchgeführt wird. Sport ist erlaubt (ohne Korsett). Ähnlich einem jungen Baum (Bild), dessen Wuchsrichtung man nur durch permanente und nicht stundenweise Schienung an einen Pfahl korrigieren kann, ist eine Korsett-Therapie auch nur sinnvoll, wenn sie quasi permanent über in der Regel mehrere Jahre erfolgt.
Eine Korsett-Therapie zur Korrektur ist nur indiziert, wenn die Wirbelsäule noch weich und formbar ist, d.h. während des Wachstums des Patienten. Beim Erwachsenen verfolgt sie nicht mehr das Ziel der Korrektur, sondern v.a. das Ziel der Stabilisierung.
Die bislang beste Studie zur Sinnhaftigkeit der Korsett-Therapie zeigt in einer sehr anschaulichen Grafik den Einfluß der Tragedauer des Korsetts pro Tag auf die Erfolgsrate der Korsett-Therapie (in dieser Studie definiert als „Vermeidung einer OP-Indikation durch die Korsett-Therapie"). Zeigt eine Tragedauer von 0 bis 6 Stunden pro Tag eine Erfolgsquote von unter 50%, so findet man bei 18 bis 24 Stunden eine über 90%ige Erfolgsquote.
Operative Behandlung:
Überschreitet das Ausmaß der Skoliose weitere Grenzwerte (Brustwirbelsäule ca. 50°, Lendenwirbelsäule ca. 40°), so ist ein Korsett nicht mehr geeignet, die Skoliose zu behandeln und es wird eine operative Korrektur empfohlen. Diese ist sinnvoll, da diese Krümmungen ohne OP im Verlauf weiter zunehmen und zu gravierenden Beschwerden und Problemen führen. Dabei wird im betroffenen Wirbelsäulenabschnitt jeder Wirbel mit Implantaten, heutzutage in der Regel mit Schrauben (alternativ mit Haken oder Bändern) besetzt, die dann mittels stabiler Stäbe die Wirbelsäule in der korrigierten Form halten. Einzelheiten zur OP-Technik finden Sie hier. Dieser Eingriff wird unter permanenter Kontrolle der Rückenmarksfunktion durchgeführt, um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten. Langfristig verknöchern die so miteinander durch Implantate verbundenen Wirbel miteinander zu einem langen soliden Wirbelsäulenabschnitt („knöcherne Stockbildung“=Spondylodese), was zu einer mechanischen Entlastung der Implantate führt. Die Implantate werden in der Regel belassen und müssen nicht entfernt werden. Der operierte Patient kann direkt nach der Operation seine Wirbelsäule belasten und mobilisiert werden. Postoperativ ist ein Sportverbot von 4 bis 12 Monaten sinnvoll. Operierte Patienten werden regelmäßig in entsprechenden Ambulanzen nachkontrolliert (in unserem Zentrum nach 4, 12, und 24 Monaten).
- Besonderheit: Erwachsene sog. adulte Skoliosen
- Besonderheit: Skoliosen bei Kindern, die noch längere Zeit im Wachstum befindlich sind