Was ist ein lumbaler Bandscheibenvorfall?

Ursachen / Symptome:

Die gesunde Bandscheibe hat die Funktion eines Stoßdämpfers zwischen zwei Wirbeln. Kommt es zum Verschleiß  der Bandscheibe, entstehen zunächst kleine Risse in den hinteren Bereichen der Bandscheibe, dies kann zu Rückenschmerzen führen.

Links Normalzustand. Rechts Bandscheibenvorfall (grün) mit Druck auf den Nerven

Die Bandscheibe beginnt, langsam auszutrocknen und kann sich in Richtung Wirbelkanal vorwölben (Protrusion). Nimmt die Rissbildung weiter zu, kann es zum Austritt von Bandscheiben-Kernmaterial durch den Riss in den Wirbelkanal kommen. Man spricht von einem Bandscheibenvorfall. Löst sich das austretende Bandscheiben-Kernmaterial von seiner „Mutterbandscheibe“, so spricht man von einem sequestrierten Bandscheibenvorfall. Vorgewölbtes oder ausgetretenes Bandscheibenmaterial kann zur Druckausübung auf Nerven im Wirbelkanal führen. Nerven funktionieren ähnlich wie ein Stromkabel. Ein gesunder Nerv leitet Impulse für Berührungsempfindlichkeit, Schmerz und Muskelfunktion. Wenn der Nerv mechanisch durch Bandscheibengewebe gedrückt wird, können diese Funktionen gestört sein. Dies kann zu Beinschmerzen und Sensibilitätsstörungen in dem Areal führen, für das dieser besondere Nerv verantwortlich ist. Jeder Nerv hat ein anderes Areal, für welches er verantwortlich ist. Ebenso hat jeder Nerv eine für ihn charakteristische Muskelgruppe, für die er die Impulse leiten muss. Druckschäden des Nervens können zu Schwächen dieser Muskelgruppe führen.
Bekannte Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall:

  • Genetische Veranlagung
  • Rauchen
  • mechanische Belastung (z.B. Übergewicht, Überlastung)
  • Hormonstatus

Bandscheibenvorfälle können vollkommen ohne Symptome verlaufen. Größe und Position eines Bandscheibenvorfalles hängen nicht immer mit dem Ausmaß der Beschwerden zusammen. Ein Bandscheibenvorfall kann plötzlich entstehen, kann sich aber auch über Monate hinaus entwickeln. Der Verlauf ist somit sehr individuell. Wenn ein akuter Bandscheibenvorfall vorliegt, kann nicht vorhergesagt werden, ob der Vorfall noch größer werden wird, in seiner Größe stagniert oder im Laufe der Zeit durch Austrocknungsphänomene kleiner wird.
Dieser Punkt ist wichtig für die Beratung des Patienten, ebenso wie die Erkenntnis, dass eine einmal geschädigte Bandscheibe zwar nicht dauerhaft für die nächsten Jahrzehnte schmerzhaft sein muss, sie aber nicht durch eine Abheilung in den gesunden Ausgangszustand zurückversetzt werden kann.

Eine degenerierte Bandscheibe wird stets eine degenerierte Bandscheibe sein.

Diagnose

MRT Bandscheibenvorfall (roter Pfeil), links Ansicht von der Seite, rechts Ansicht von unten

Die Vorgeschichte des Patienten und die körperliche Untersuchung geben erste Hinweise. Die genaue Diagnose wird dann mittels MRT gestellt. Röntgenbilder können wichtige Informationen über die Gesamtsituation der Lendenwirbelsäule liefern.

Konservative Therapie:

Ein nicht symptomatischer Bandscheibenvorfall muss nicht behandelt werden. Ein Bandscheibenvorfall, der relevante Beschwerden hervorruft, allerdings noch keine alltagsrelevanten akuten Muskellähmungen hervorruft, sollte zunächst konservativ behandelt werden.
Die konservative Therapie beinhaltet eine entlastende Lagerung in der Akutphase, eine optimale Schmerzmedikation, vorsichtige Physiotherapie, kurzzeitig ggf. ein Sportverbot. Nervennahe Injektionen (PRT=periradikuläre Therapie) werden im klinischen Alltag häufig durchgeführt. Wenn die Akutphase vorüber ist, stehen Bewegung und Kräftigung der Rumpf-stabilisierenden Muskulatur im Vordergrund. Konservative Therapiemaßnahmen sollten innerhalb von 6-8 Wochen zu einer Besserung führen.
70 bis 90% der Bandscheibenvorfälle können erfolgreich konservativ behandelt werden.

Operative Therapie

Mikrochirurgische OP

Führen konservative Maßnahmen nicht zu einer zufriedenstellenden Besserung, so liegt eine relative Indikation zur OP vor. Liegt eine frische, alltagsrelevante Muskellähmung vor, sollte eine zeitnahe OP erfolgen. Das Grundprinzip besteht darin, über einen mikrochirurgischen Zugang in den Wirbelkanal einzugehen und dort den Bandscheibenvorfall unter Nutzung des OP-Mikroskopes zu entfernen. Somit wird die gedrückte Nervenwurzel mechanisch  entlastet und kann mit ihrem Erholungsprozess beginnen. Ob die Nervenwurzel sich vollständig wieder erholt oder ob ein Rest an Beschwerden verbleibt (z.B. ein Taubheitsgefühl im Bein oder eine Muskelschwäche), kann im Einzelfall nicht vorhergesagt werden, ebenso wie der zeitliche Verlauf der Erholung. Als gesichert gilt allerdings, dass das Ausmaß des Drucks auf eine Nervenwurzel (nicht gleichzusetzen mit der Größe eines Bandscheibenvorfalles im MRT) und die Dauer, über die die Nervenwurzel gedrückt war, Einfluss auf den Erholungsprozess haben.

Analoges gilt für die Halswirbelsäule.

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