Die Wirbelsäule im Wachstum

Von Geburt bis zum Wachstumsabschluß wächst eine Wirbelsäule im Bereich vom obersten Brustwirbel T1 bis zum Kreuzbein S1 von ca. 20 cm Länge um ca. 25 cm auf eine Länge von ca. 45 cm. Die Wachstumsgeschwindigkeit in diesem Bereich beträgt in der Kindheit je nach Wachstumsphase ca. 1 bis 2 cm pro Jahr.

Im Alter von ca. 5 Jahren hat der Spinalkanal, d.h. der Kanal in der Mitte der Wirbelsäule, in dem Rückenmark und Nerven verlaufen, ca. 95% seines endgültigen Durchmessers erreicht.

Ob eine Krümmung im Verlauf schlechter wird, ist abhängig vor allem:

  • vom Alter des Patienten
  • vom Ausmaß der Krümmung
  • und von der Steifigkeit der Wirbelsäule

Eine Skoliose-Krümmung mit einem Cobb-Winkel von 35° bei einem Mädchen im Alter von 10 Jahren hat eine fast 100% Wahrscheinlichkeit, daß sie sich noch verschlechtert. Eine Krümmung gleichen Ausmaßes (35°) bei einem 16 jährigen Mädchen hat nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 30°, daß sie sich verschlechtert.

Je jünger ein Patient und je ausgeprägter seine Skoliose ist, desto schlechter ist die Prognose.

Wenn die Wirbelsäule noch wächst, kann die Form der Wirbelsäule noch relativ gut beeinflußt werden, d.h. ohne Therapie verschlechtern sich Krümmungen in der Kindheit und Jugend häufig, d.h. aber auch:

Mit Therapie kann eine Verschlechterung gerade in der Kindheit und Jugend noch effektiv aufgehalten werden.

Somit ist diese Zeit extrem wichtig im Rahmen der Therapie. Während dieser Zeit sind Korsett-Behandlungen und Physiotherapie besonders wirksam. Nach Auswachsen des Skeletts kann z.B. ein Korsett die Form der Wirbelsäule nicht mehr effektiv korrigieren. Auch bezogen auf eine operative Korrektur ist das Alter wichtig. Eine weiche, flexible Wirbelsäulenverkrümmung kann mit eher weniger Kräften und somit weniger OP-Trauma korrigiert werden. Eine starre, rigide Wirbelsäulenverkrümmung kann auch noch korrigiert werden, der Operateur benötigt aber deutlich mehr Kräfte, was das Risiko für den Patienten erhöht. Ist sogar während einer OP vor der eigentlichen Korrektur ein aufwändiges Lösen der Wirbelsäule nötig, um die Wirbel untereinander erst einmal beweglich zu machen, um die Krümmung überhaupt korrigieren zu können, so steigt der Aufwand und somit das Risiko.

Wirbelsäule im Wachstum

Ein Beispiel, welches dies verdeutlicht: Wenn Sie bei einem jungen flexiblen Baum die Wuchsrichtung und Form ändern wollen, so ist dies durch Schienung gut möglich. Wenn Sie bei einer alten Eiche die Form ändern wollen, so geht dies auch, dann müssen Sie aber den Eichenstamm an einigen Stellen „durchtrennen“, um überhaupt Korrekturen durchführen zu können. Dies übertragen auf die Wirbelsäule zeigt, daß Korrekturen nach Auswachsen der Wirbelsäule mit mehr Risiko verbunden sind als bei noch nicht komplett ausgehärteten Wirbelsäulen.

Deshalb gilt: Je früher die Therapie einer Skoliose oder Kyphose in der Kindheit / Jugend beginnt, desto besser sind die Ergebnisse und desto geringer sind die Risiken.

Entscheidend ist beim Alter des Patienten nicht unbedingt das Alter, welches sich nach dem Geburtstag errechnen läßt, sondern v.a. das sog. „Skelettalter“. Beide Altersformen können, müssen aber nicht zwingend Hand in Hand gehen. So kann ein kalendarisch 14 jähriges Mädchen durchaus ein Skelettalter von 12 oder 16 Jahren haben. Das Skelettalter wird bestimmt anhand einer Röntgenaufnahme der linken Hand oder des Beckens. Anhand der sog. Wachstumszonen der Knochen kann das Skelettalter bestimmt werden.

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